Eine Idee alleine bringt noch lange keinen Erfolg, denn sie muss auch in die Tat umgesetzt werden. Doch während wir einerseits ewig grübeln, um irgendeine sinnvolle Idee zu gewinnen, gibt es andererseits auch Situationen, in denen die Ideen nur so aus uns heraus sprudeln. Und genau dann wird es meist gefährlich für die Möglichkeit, sie später auch umzusetzen, denn diese Situationen kommen nicht selten eher ungelegen.

An den unmöglichsten Orten, zur unmöglichsten Zeit haben wir plötzlich Geistesblitze, aus denen sich schnell konkrete Ideen entwickeln, die – später umgesetzt – große Erfolge bringen könnten. Doch selbst wenn es die jeweilige Situation sogar erlauben würde, so ist der Mensch an sich meist schlicht weg zu faul, an dieser Idee sofort festzuhalten und so ist sie nicht selten schon bald wieder vergessen.

Und wer weiß: Was hätte diese Idee – später erneut aufgegriffen und ggf. verfeinert – zu Erfolgen führen können… hätte, wäre, wenn – genau das ist einer der größten Fehler, die man begehen kann, wenn man wirklich erfolgreich sein möchte.

Im heutigen schon 3. Teil der Gastartikel-Serie von Dieter H. Wirlitsch wird er im Zuge des Kernthemas „Visioning“ auf die sog. Ideendatei eingehen und was sich hinter dem Begriff des „Schriftlichen Denkens“ versteckt…

Schriftliches Denken
– auf die eigene Ideendatei kann im Notfall immer direkt zugegriffen werden –

Dieter H. Wirlitsch über schriftliches DenkenEin interessante Gedanke, eine Idee oder eine Problemlösung kann man sich problemlos merken – glaubt man. Versucht man aber am nächsten Tag, sich an die Idee zu erinnern, ist sie häufig in den tiefen unserer Gehirnwindungen auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Schriftliches Denken zwingt zu Disziplin – und diese hat besonders bei kreativen Menschen einen besonderen Stellenwert. Manchmal sind gewisse Strukturen und Korsetts zur Abstützung des Gedankenflusses notwendig, damit er nicht ausufern kann. Ideen müssen gesammelt werden – nur dann bildet sich im Laufe der Zeit ein Fundus mit kreativer Verwertungsmöglichkeit.

Die persönliche Ideendatei oder auch Kartei kann den Erfolg eines Projektes oder eines Unternehmens maßgeblich beeinflussen. Je besser die Problemstellungen bekannt sind und erkannt werden, desto klarer können aus der Problemstellung heraus in kreativer Form die Lösungsmöglichkeiten gefunden werden. Problemstellungen, die ganz speziell die persönliche Position und/oder das berufliche Weiterkommen beeinflussen, können mit Hilfe einer Ideensammlung wesentlich besser gelöst werden, als wenn immer nur spontan und aus der Situation heraus reagiert wird.

Für Existenzgründer kann eine Ideendatei geradezu das Problemlösungsmittel sein, das die notwendige Nasenlänge Vorsprung vor der Konkurrenz ergibt. Je mehr man sich auf eine bestimmte Zielstellung hin konzentriert, desto mehr Informationen fließen für die verschiedensten Lösungen zusammen. Auf eine persönliche Ideendatei kann im Bedarfsfalle zurückgegriffen werden. Selbst an komplizierte Sachverhalte kann man mit mehr Ruhe und Gelassenheit herangehen, denn häufig befindet sich die Lösung des speziellen Problems bereits im Ideen-Fundus.

Es kommt natürlich darauf an, nach welchen Kriterien und Stichworten diese Datei aufgebaut wurde und mit welcher Technik diese Datei bearbeitet werden kann. Die Sammlung der persönlichen Ideen macht den Geist klar, frei und sicher, denn im Bedarfsfalle muss nicht mühsam nach Lösungen gesucht werden. Selbst wenn in der Ideenkartei nur Ansätze von Lösungsmöglichkeiten vorhanden sind (und sei es durch einen Zeitungsbericht, der gesammelt wurde), ist in der Regel ein massiver Informationsvorsprung vor den Konkurrenten gegeben.

Eine Ideendatei erlaubt es, die ganze Vielfalt von Einflüssen und Impulsen, die täglich von außen kommen, aufzunehmen, zu registrieren und damit eigene gedankliche Verknüpfungen herzustellen. Neben den eigenen Ideen zu bestimmten Problemstellungen werden vor allem fremde Ideen und Informationen systematisch geordnet, zusammengetragen und gesammelt. Die Ideendatei liefert wertvolle Anregungen und bringt den Ideenfluss in Gang.

Die Ideendatei kann eine Erweiterung des eigenen Denkvermögens bedeuten und bringt eine Durchlässigkeit für den freien Lauf der Gedanken mit sich – gelegentlich spricht man bei diesem Vorgang auch vom „Querdenken“. Die Erstellung der Ideendatei selbst stellt allerdings aber noch keinen kreativen oder visionären Prozess dar, sie ist jedoch die Ausgangsbasis für assoziative Verknüpfung von Gedanken, Ideen und Informationen und damit der Auslöser für kreative Vorgänge im Gehirn.

Hilfsmittel

In jedem Büro und zu Hause steht ein PC. Mit Hilfe freier Softwareprogramme lässt leicht eine solche Ideen-Dateien aufbauen. Das einfachste Hilfsmittel zum Sammeln von Ideen sind aber die herkömmlichen Karteikarten im DIN A6- Format. Auf der Vorderseite der Karteikarte können die Sammelstichworte, nach denen auch die Karten sortiert sind, untergebracht werden. Auf der Rückseite können dann die Kurzbeschreibung der Idee selbst und weitere Informationen über technische Daten, sonstige Informationen, Verwendungsmöglichkeiten, Literaturhinweise usw. stehen.

Die Idee wird kurz skizziert und beschrieben, Hinweise auf Wettbewerber und deren Produkte, Preise, Prospekte und Dokumentationen können notiert werden. Sortiert werden die Karteikarten nach ganz beliebigen und individuellen Kriterien, z.B. nach bestimmten Problemstellungen, Themen oder Projekten. Hängemappen oder DIN-A4 Stellmappen mit Reitern sind ein bewährtes Mittel zur Aufbewahrung von Prospekten, Mustern, Preislisten oder Exposés. Außerdem wird der Zugriff zu diesen Originalinformationen durch die direkte Beschriftung der Mappen oder der Sichtfester sehr erleichtert.

Eine Ideendatei ist eine Lebensversicherung für jedes Unternehmen

Schriftliches Denken beginnt damit, Informationen, Ideen und Adressen aufzuschreiben, sie zu sammeln und sie in der Kartei nach einem bestimmten strategischen System zu ordnen und zu speichern, bis sie gebraucht werden. Es zwingt zu Disziplin und erleichtert die Selbstorganisation des Gehirns. Sekundär ist bei diesem sammeln von Information, ob das alte klassische System Karteikarte oder eine Datenbank genutzt wird.

Die systematische sinnvolle Verarbeitung durch schriftliches Denken hat vierfache Wirkung:

  • prägt sich das Geschriebene und Gelesene tiefer ein als das nur Gelesene und Gedachte,
  • kann man im Bedarfsfall jederzeit darauf zurückgreifen,
  • erleichtert das vorordnen durch die Kartei,
  • gibt dem Gehirn die Übersicht und
  • es reichern sich die Informationen, Ideen und Beziehungen – eine immer wieder auf die andere aufbauend – über die Zeit hinweg zu einem immer überlegeneren Vorsprung an Know-how, Beziehungen und Einfluss an.

Der jeweils erreichte Kenntnisstand wird „festgehalten“, anstatt dass er sich immer wieder verflüchtigt und in Vergessenheit gerät.

Die Lösung aller Probleme hängt oft am Problem der praktischen Umsetzung

Die Frage ist: wie zerlegt man eine im Ganzen schwer lösbare Gesamtaufgabe in lösbare Teilaufgaben und wie ordnet und speichert man die Zwischenergebnisse, bis sie unser Kopf zur Weiterverarbeitung braucht?

Diese Arbeit macht die Datei. Sie sammelt, ordnet und speichert die erforderlichen Informationen und Zwischenergebnisse und zeigt die noch bestehenden Lücken, das heißt die Engpässe in den Information auf. Den Rest besorgen dann die von Konrad Lorenz nachgewiesenen Selbstorganisations-Automatismen des Gehirns. Sie fassen die derart „vorgekauten“ Informationen und Ideen zu Gesamtlösungen zusammen. Allerdings nicht logisch-konstruktiv, wie zum Beispiel bei einer Rechenaufgabe, sondern ganzheitlich und intuitiv.

Das heißt: aus dem in dieser Weise vorbereiteten „Humus“ der Informationen steigen die Lösungsideen wie Blasen auf. Im Halbschlaf, beim Rasieren oder anderen unverkrampften Zuständen unseres Gehirns ist schon so manchem sein ganz persönliches „AH-HA-Erlebnis“ begegnet.

Diese Ideen und Lösungen sind um so effektiver, je besser „der Humus der Informationen“ vorbereitet wird. Leider treten solche visionären Lösungsideen möglicherweise wegen der von Jugend auf falschen Erziehung unseres Gehirns oftmals unvermittelt und zusammenhanglos in unserem Bewusstsein auf. Ideen müssen daher festgehalten und aufgeschrieben, logisch und systematisch geordnet werden. Festgehalten in einer Kartei/Datei dienen sie dann als Rohstoff für die nächsten Ideen.

Auf diese Weise wirken rationale Logik und intuitive Eingebung, Verstand und Unterbewusstsein, zusammen und die Kartei wird ganz automatisch zum „Ideen-Brüter“, der immer mehr kreative Strategien und Assoziationen hervorbringt.

Der schwerwiegendste Verlust des Menschen ist der Verlust der eigenen Erfahrung durch Vergessen. Er muss immer wieder neu lernen, was er längst schon einmal gewusst hatte. Durch schriftliches Denken und mit Hilfe einer Datei/Kartei wird dieser Erfahrungsverlust erheblich vermindert und das Lernen entsprechend beschleunigt.

Seit Jahrhunderten arbeiten erfolgreiche Wissenschaftler, Konstrukteure, Schriftsteller und Künstler mit dem Zettelkasten. Sie sammeln und verdichten mit seiner Hilfe die für eine Erfindung, ein Buch usw. wichtigen Informationen und Ideen. Heute stehen natürlich viel bessere und schnellere elektronische Methoden zur Informations-und Wissensverarbeitung zur Verfügung.

Die erprobten Lösungen anderer zu sammeln, vergrößert automatisch die eigene Kreativität. Die meisten machen sich den Anfang viel zu schwer, weil sie glauben, unbedingt ihren eigenen Kopf strapazieren zu müssen und versuchen, das Rad neu zu erfinden. Dabei verschmelzen die fremden gesammelten Lösungen und die eigenen Erfahrungen ganz von selbst zu neuen eigenen Lösungen. Deshalb braucht man nur die Lösungen anderer zu sammeln, um sich unter dem immer wachen eigenen Intuitions-Effekt die eigene Kreativität ganz von selbst entwickeln zu lassen – und zwar besser, als man es zunächst für möglich hält.

Die Innovations-Datei wendet die Gefahr der Über-Information ab – und zwar durch Selektion und Kanalisierung der Informationen. Sie transformiert die chaotische Informationsflut in einen wachsenden Know-How-Vorsprung auf dem persönlichen, speziellen Gebiet. Auf diese Weise lässt sich die unüberschaubare und bedrohliche Flut eher ein immer größeren Segen wandeln. Je grösser die Informations-Flut wird, desto schneller wächst der Know-How-Vorsprung. Schafft man es, diese Informationsflut in ein strukturiertes System einzubetten, lösen sich Probleme, die heute noch unlösbar erscheinen, plötzlich wie von selbst.

Die Wirkung der Datei kann mit einem entsprechenden Computer-Programm erheblich verstärkt werden. Wichtig ist, dass sich über die Vorsortierung durch die Kartei die Möglichkeiten der EDV sehr viel leichter und wirkungsvoller erschließen lassen. Entscheidend wichtig ist außerdem, dass die Datei von vornherein auf die Lösung eines besonders wichtigen Problems hin ausgerichtet wird. Nur mit einer deutlich gestellten Zielsetzung wachsen Erfolgserwartung, Motivation, und geistiges Feuer am stärksten und lassen die Resonanz aus der Umwelt und dem (beruflichen) Umfeld steigen.

Jede neu hinzukommende Idee steigert die Erwartung und erhöht damit die Motivation weiter. Man wird von den sich einstellenden Lösungen und den wachsenden Erfolgsaussichten zunehmend fasziniert. Diese Faszination springt im weiteren Verlauf automatisch auf Zielgruppe und Kooperationspartner über: mit Hilfe der Datei kann man sich in eine konkrete Zielgruppe und in die mögliche Lösung eines von ihr besonders brennend empfundenen Problems (Mangels) hineinversetzen.

Trotz Spezialisierung verliert man nicht den Anschluss an die Gesamtentwicklung, sondern gewinnt durch die zunehmend festere Einbindung in die Zielgruppe hinzu. Es ist die gleiche naturgegebene Strategie, mit der sich auch die Organe des menschlichen Körpers entwickelt haben.

Über den Autor

Dieter H. Wirlitsch ist freier Dozent und Journalist sowie Unternehmensberater und beschäftigt sich u.a. mit alternativen und visionären Methoden in der Wirtschaft. Durch seine Veröffentlichungen, Seminare, Workshops und Einzelberatungen gibt er seine Erfahrungen und sein Wissen weiter.

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