Seit einiger Zeit schwirrt in allen Medien ein Gespenst namens ChatGPT umher. Der auf künstlicher Intelligenz (KI) basierende Chatbot wird reflexartig als absoluter Heilsbringer in allen Bereichen beweihräuchert – dabei hat er das Potenzial, ganze Existenzen zu zerstören.

Ich habe lange überlegt, ob ich zu diesem Thema überhaupt noch etwas veröffentlichen soll, weil es an jeder Ecke im Netz und auch in den klassischen Medien hoch und runter zu lesen ist. Was mir dabei aber immer wieder auffällt, ist die meist fehlende Betrachtungsweise der durchaus auch negativen Aspekte.

Im Gegenteil: Fast überall liest man nur, wie toll ChatGPT sei und wie es die Welt verändern wird. Ja, das wird es. Die Frage dabei ist nur: Wird es sie (nur) zum Guten verändern oder hat es (wie so oft) auch seine Schattenseiten? Denkt man über den Tellerrand hinaus, muss man feststellen, dass sich letztere schon jetzt deutlich bemerkbar machen, es scheint aber niemanden zu stören.

Zumindest ist in den meisten Berichten über ChatGPT kaum bis gar nichts von den negativen Seiten zu lesen und es scheint so, als wollten deren Verfasser diese entweder ausblenden oder einfach auf der positiven Hype-Welle mit surfen. Ich persönlich bin niemand, der die künstliche Intelligenz pauschal ablehnt – im Gegenteil. Aber ich finde, man darf die realen Gefahren auch nicht außer Acht lassen.

Was genau ist ChatGPT und wer steckt dahinter?

Doch was genau ist ChatGPT überhaupt und wer steckt hinter dem (künstlich) intelligenten Chatbot? Für alle, die sich damit bisher noch nicht so detailliert auseinandergesetzt haben, möchte ich das Wichtigste kurz zusammenfassen:

ChatGPT ist ein auf künstlicher Intelligenz basierender sogenannter Chatbot und beruht auf maschinellem Lernen. Dabei steht die Abkürzung ChatGPT für „Generative Pre-trained Transformer“ und wurde von dem US-amerikanischen Unternehmen OpenAI entwickelt.

Während der Entwicklung wurde der Chatbot mit riesigen Datenmengen „gefüttert“ und in mehreren Phasen gezielt trainiert. Ziel war es unter anderem, dass die KI künftig in Sekundenschnelle auf nahezu jede erdenkliche Frage eine passende Antwort geben kann. Sogar ganze Aufsätze und ausführliche, lexikonähnliche Ausführungen sind möglich. Kurz gesagt: ChatGPT soll unter anderem nach Eingabe kurzer Fragen oder Stichpunkte in wenigen Sekunden fertige Texte auswerfen, die von durch Menschen geschriebenen Texten kaum bis gar nicht zu unterscheiden sein sollen. Dieses Ziel wurde nun erreicht.

ChatGPT kann ganze Existenzen zerstören

Im November 2022 – also gegen Ende des letzten Jahres – veröffentlichte OpenAI offiziell seinen Chatbot und nach nur fünf Tagen konnte das Unternehmen stolze eine Million Nutzer verzeichnen. Im Januar dieses Jahres waren es dann bereits mehr als 100 Millionen, was die KI-Software zur am schnellsten wachsenden Anwendung für Verbraucher aller Zeiten macht.

Und das hat – wie bereits erwähnt – auch seine Schattenseiten und schlägt offenbar sofort durch. Bisher hat man bezüglich künstlicher Intelligenz eher noch an kleinere Alltagshelfer wie Siri oder Alexa gedacht. Dass die KI ernsthaft eine Gefahr, insbesondere für die Berufswelt, darstellen würde, kannte man bisher nur aus Science-Fiction-Filmen, in denen Roboter Menschen in Handwerksberufen oder Büroangestellte ersetzen sollten und es dann zu Protesten oder ähnlichem kommt.

Durch die Veröffentlichung von ChatGPT scheint dieses Szenario nun – im wahrsten Sinne des Wortes – von einem auf den anderen Tag in der realen Welt angekommen zu sein. Doch im Gegensatz zum Handwerk, trifft es ganz andere Branchen und Berufe, die in Science-Fiction-Filmen in der Regel nichts von einer künstlichen Intelligenz zu befürchten haben.

Beispiel Textbroker: Eine irritierende Meldung zum Jahresbeginn

Mit einer Meldung zu Jahresbeginn sorgte Textbroker – eine der bekanntesten Plattformen für Textaufträge – bei seinen Nutzerinnen und Nutzern für reichlich Irritation. Einige meiner Leserinnen und Leser machten mich darauf aufmerksam und fragten mich, ob ich als Texter mehr darüber weiß. Tatsächlich ging Textbroker darin auf die KI-Problematik ein, machte aus meiner Sicht jedoch den Fehler, die Texterinnen und Texter unter Generalverdacht zu stellen. Doch worum geht es?

Bereits gegen Ende des letzten Jahres schienen die Aufträge bei Textbroker schlagartig wegzubrechen. Was man vor allem im Dezember noch mit den Weihnachtsfeiertagen und später mit den berühmten „Tagen zwischen den Jahren“ begründen konnte, war so als Argument spätestens ab Mitte Januar nicht mehr zu halten.

In der oben genannten Meldung ging Textbroker – wie erwähnt – auf das Thema KI ein und hing sich sofort daran auf, dass die Auftraggeberinnen und Auftraggeber für Texte bezahlen, die von echten Menschen erstellt wurden und keine KI-Texte wünschen. Der Versuch, maschinell erstellte Texte einzureichen, sei verboten und führe dazu, dass sich Auftraggeberinnen und Auftraggeber von der Plattform zurückzögen.

Auf den ersten Blick scheint daran grundsätzlich nichts falsch zu sein. Allerdings darf man die Frage stellen, ob es korrekt ist, die Schuld nur bei den Texterinnen und Textern zu suchen beziehungsweise, ob der drastische Rückgang der Aufträge wirklich (nur) darauf zurückzuführen ist. Auf die Idee, dass die Auftraggeberinnen und Auftraggeber selbst den (auch) kostenlosen Service von ChatGPT längst für sich entdeckt haben und sich ihre Texte in Sekundenschnelle automatisch erstellen lassen, anstatt für Menschen zu bezahlen, kam man bei Textbroker wohl nicht.

Fakt ist jedoch so oder so, dass die Veröffentlichung von ChatGPT Ende November 2022 und das nahezu auf null eingebrochene Auftragsvolumen bei Textbroker in einem zeitlich so merklichen Zusammenhang stehen, dass man hier nicht mehr von einem Zufall sprechen kann. Die Tatsache, dass (wenn man regelmäßig reinschaut) bis heute kaum bis keine Aufträge zu finden sind, macht das Ganze umso dramatischer für die Betroffenen:

So wie Textbroker geht es vermutlich auch anderen ähnlichen Plattformen und Dienstleistungen. Menschen, die ihr Geld bisher hauptberuflich mit Auftragstexten – vor allem über solche Plattformen – verdient haben, müssen nun ernsthaft um ihre berufliche Existenz bangen, wenn diese nicht bereits von einem auf den anderen Tag ruiniert ist.

Textbroker stellt ein eigenes Tool zum Prüfen von Texten bereit

Zumindest stellte Textbroker kurz danach ein eigenes Tool online, welches dabei helfen soll, Texte daraufhin zu überprüfen, ob diese maschinell (also durch künstliche Intelligenz) oder von Menschenhand erstellt worden sind. Auch könnten Texterinnen und Texter selbst ihre eigenen Texte überprüfen lassen und hierfür eine Art „Qualitätssiegel“ erhalten, mit dem sie für die „Echtheit“ des Textes werben könnten.

Wie dies jedoch die weggebrochenen Aufträge kompensieren soll, ist mir persönlich nicht ersichtlich. Denn vielen Auftraggeberinnen und Auftraggeber – diese These wage ich jetzt einfach mal – ging es schon immer weniger um die Qualität von Texten, sondern vielmehr darum, durch die Vergabe von Textaufträgen, Zeit zu sparen. Das zumindest legt die Tatsache nahe, dass – zumindest auf Textbroker – kaum 5-Sterne-Aufträge zu finden waren und in bestimmten Kategorien (wie etwa Website-Content) sogar teilweise „nur“ 2-Sterne-Texte gefordert wurden.

Dass solche Auftraggeberinnen und Auftraggeber sich ihre Texte in Zukunft lieber kostenlos in wenigen Sekunden erstellen lassen, ist nicht abwegig. Ob das gerade im Bereich Internet in Bezug auf hochwertigen Unique-Content oder auch SEO* wirklich so sinnvoll ist, das steht auf einem anderen Blatt.

Auch andere Berufe sind durch KI gefährdet

Die Textbranche ist allerdings bei Weitem nicht die einzige, die sich Sorgen machen muss, denn die Möglichkeiten von ChatGPT gehen schon jetzt – wie oben bereits angerissen – über das Erstellen von reinen Texten hinaus. So kann die KI komplette Software auf schriftlichen Anweisungen basierend selbstständig programmieren. Was positiv gesehen den Fachkräftemangel in der Informatik kompensieren könnte, kann gravierende negative Folgen für die dort arbeitenden Menschen bedeuten.

Man kann generell sagen, dass auf künstlicher Intelligenz basierende Systeme Menschen beruflich vor allem in Bereichen gefährlich werden können, in denen es beispielsweise um Recherche, das Zusammentragen von großen Datenmengen oder das Zusammenstellen von Statistiken und so weiter geht. Die KI ist hier grundsätzlich – das ist nicht wegzudiskutieren – einfach sehr viel schneller und effizienter.

Paradoxerweise sind genau das auch Anwendungsbereiche, in denen die KI die Arbeit eines jeden Einzelnen tatsächlich auch bereichern kann. Und genau das ist das Dilemma: Es ist wie immer… wo Licht ist, ist auch Schatten – und umgekehrt.

Fazit und deine Meinung

Alles in allem lässt sich festhalten, dass künstliche Intelligenz – und vor allem auch ChatGPT – sicherlich nicht pauschal zu verteufeln ist. Ich persönlich stehe dem Ganzen keineswegs „feindselig“ gegenüber, habe aber große Skepsis, wenn es darum geht, dass solche Systeme wirklich nur von Vorteil sind und denke durchaus, dass in Zukunft viele Branchen auch darunter leiden werden. Für mich persönlich würde ich nicht ausschließen, Textbots wie ChatGPT selbst einmal aktiv zu Recherchezwecken oder ähnlichem zu nutzen. Aktuell bin ich jedoch eher skeptisch und werde die Entwicklungen noch weiter verfolgen.

Interessant und fast schon ein wenig „lustig“ finde ich die Tatsache, dass es seitens OpenAI heißt, es sei genau wegen dieses Risikos als sogenannte Open-Source Non-Profit-Organisation gegründet worden, was die Unabhängigkeit gegenüber externen Geldgebern sowie deren Interessen gewährleisten soll…

Angesichts der Tatsache, dass Microsoft erst im Januar dieses Jahres die Partnerschaft mit OpenAI bekannt gab, im Zuge dessen stolze 10 Milliarden US-Dollar investierte und ChatGPT in seine Suchmaschine Bing sowie in andere seiner zahlreichen Produkte integrieren möchte, klingt das vor allem in Sachen Unabhängigkeit ziemlich lächerlich. Und sich seitens OpenAI jetzt um die Risiken und Gefahren für Menschen Gedanken zu machen, der Zug ist meiner Meinung nach abgefahren.

Was hältst du von ChatGPT und künstlicher Intelligenz? Bist du selbst Texterin oder Texter und bist davon direkt betroffen? Arbeitest du in einer anderen gefährdeten Branche oder bist du sogar ein echter Fan von KI und nutzt sie bereits regelmäßig? Deine Meinung und Erfahrung interessiert mich.

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