Seit ChatGPT für alle öffentlich zugänglich ist, scheint die Menschheit mal wieder zutiefst gespalten zu sein. Es gibt das Fanlager und es gibt das Lager der Negativ-Kritik. Die Wahrheit liegt – wie fast immer – auch hier wieder in der Mitte, doch die Mitte ist schmal.
Der auf künstlicher Intelligenz (KI) sowie maschinellem Lernen basierende Chatbot ChatGPT des US-Unternehmens OpenAI ist seit Ende letzten Jahres für jeden frei zugänglich. Ursprünglich sollte es sich hierbei laut eigenen Angaben um ein sogenanntes Non-Profit-Projekt auf Open-Source-Basis handeln, um mögliche Gefahren durch KI in Bezug auf Menschen im Blick zu haben, aber auch die Unabhängigkeit von externen Geldgebern sowie deren Interessen zu wahren.
Die Gefahren einer solchen künstlichen Intelligenz – insbesondere eines auf dieser basierenden Chatbots wie ChatGPT – für Menschen bezüglich deren beruflichen Existenz hatte ich im Artikel „Wie ChatGPT Existenzen zerstört“ ausführlich unter anderem am Beispiel der Textbranche beschrieben. Was die von OpenAI angestrebte Unabhängigkeit sowie das Thema Open-Source betrifft, so muss man das Ganze durchaus hinterfragen.
Microsoft investierte sofort 10 Milliarden US-Dollar
Wie in meinem letzten Artikel bereits angerissen, machte OpenAI seinen Chatbot gegen Ende des letzten Jahres (November) offiziell zugänglich – kostenlos für jeden. Bereits nach fünf Tagen konnten über eine Million Nutzerinnen und Nutzer gezählt werden. Anfang Januar dieses Jahres waren es dann bereits mehr als 100 Millionen, was ChatGPT zur am schnellsten wachsenden Anwendung aller Zeiten machte.
Das rief natürlich Begehrlichkeiten auf den Plan und so gab kein Geringerer als Microsoft im selben Monat die Partnerschaft mit OpenAI bekannt. Im Zuge derer investierte der Softwareriese dann stolze 10 Milliarden US-Dollar in die weitere Entwicklung von ChatGPT. Das Ziel ist klar: Vor allem die Vormachtstellung von Google – insbesondere im Bereich Suchmaschinen – soll endlich beendet werden.
Ist das noch Unabhängigkeit von externen Geldgebern?
Angesichts dessen darf man sich schon die Frage stellen, was das noch mit Unabhängigkeit von externen Geldgebern und deren Interessen zu tun hat. Denn ehrlich gesagt ist das genau das Gegenteil davon und zeigt, wie schnell ursprüngliche Interessen über den Haufen geworfen werden können.
Auch in Sachen Open-Source sollte man hinterfragen, ob dieses ursprüngliche und „noble“ Vorhaben so wirklich noch zu halten ist. Die einfache, knappe Definition von Open-Source im Softwarebereich ist die, dass eine Open-Source-Software – beziehungsweise deren Quellcode – öffentlich von Dritten eingesehen, genutzt und sogar verändert werden darf. Genutzt werden kann solche Software nicht immer – aber meistens – komplett kostenlos.
Dass OpenAI und vor allem sein größter Investor Microsoft es also ernsthaft (noch) zulassen werden, dass Dritte den Code von ChatGPT künftig einsehen – geschweige denn darin „herumpfuschen“ oder eine Abspaltung davon selbst veröffentlichen können, wage ich definitiv zu bezweifeln.
Die Tatsache, dass es vom einst komplett kostenlosen ChatGPT längst eine kostenpflichtige Abo-Version gibt, macht auch das Thema Open-Source in dieser Hinsicht obsolet, wenngleich Open-Source natürlich nicht immer zwingend kostenlos bedeuten muss.
Die Abo-Version von ChatGPT gibt es für 20 US-Dollar im Monat
Neben der durchaus nach wie vor verfügbaren kostenlosen Basisvariante des Chatbots gibt es nun auch in Deutschland seit Mitte Februar dieses Jahres eine kostenpflichtige Abo-Version. Diese kostet 20 US-Dollar pro Monat – umgerechnet also aktuell etwa knapp 19 Euro.
Im Kern verspricht OpenAI seinen Abonnentinnen und Abonnenten einen zuverlässigen Zugang auch zu Spitzenzeiten, eine generell schnellere Reaktionszeit sowie einen bevorzugten Zugriff auf neue Funktionen beziehungsweise Updates. Was bei einem Chatbot, der in Sekundenschnelle beispielsweise große Texte ausspucken kann, in Sachen Reaktionszeit einen Abo-Mehrwert hat, muss jeder für sich selbst entscheiden.
Der zuverlässige Zugang zu Spitzenzeiten ist da schon sinnvoller, wenn man bedenkt, dass ChatGPT zu eben jenen Stoßzeiten für Nutzerinnen und Nutzer der Gratis-Version schon jetzt oft für Stunden nicht erreichbar ist. Was die bevorzugten, kostenlosen Updates und Funktionen betrifft, so gehören diese zu einer Bezahlversion natürlich schon dazu.
Wer den Chatbot regelmäßig beispielsweise für Texte nutzt, ist mit knapp 19 Euro im Monat sicherlich sehr gut bedient. Dass dadurch die Aufträge auf Textplattformen wegbrechen, weil niemand mehr echte Menschen als Texterin oder Texter bezahlen will und diese fortan – wie hier im Blog kürzlich beschrieben – um ihre Existenz bangen müssen, ist die andere Seite der Medaille.
Datenschutz? Was ist das? Eine riesige Gefahr!
In Sachen Datenschutz verhält sich OpenAI hier leider wie fast alle dieser US-Konzerne. Auch wenn ich hier im Blog immer wieder auch den Datenschutz kritisiert habe, viele Vorschriften nach wie vor für übertrieben und blödsinnig halte, bin ich der Meinung, dass der Datenschutz ein sehr hohes Gut ist. Häufig genug habe ich in diversen Artikeln vor allem die Datenschutzvorschriften im Hinblick auf Facebook, Twitter und Co thematisiert.
Im Falle von ChatGPT ist das Ganze meiner Meinung nach aber schon krass: Selbst die kostenlose Nutzung setzt eine Registrierung voraus. Wer jetzt meint, da genügt die E-Mail-Adresse, vielleicht ein Benutzername und ein Passwort, der irrt. Bereits hier ist es zwingend erforderlich, eine Telefonnummer anzugeben. Diese dient angeblich lediglich zur Verifizierung des Kontos.
Diese Vorgehensweise mag es auch an anderen Stellen im Netz geben, aber zum einen selten als Grundvoraussetzung für die Anmeldung und zum anderen nicht mit solch weitreichenden „Befugnissen“, was die Weiterverarbeitung sowie die Weitergabe oder sogar gegebenenfalls eine Veröffentlichung solcher Daten betrifft. Bei jetzt schon mehr als 100 Millionen Nutzerinnen und Nutzern sage ich hier „Herzlichen Glückwunsch“.
Fazit: Sehr viel Potenzial aber auch sehr viel Gefahr
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Siegeszug von ChatGPT wohl nicht mehr aufzuhalten ist, wenngleich bereits jetzt zahlreiche andere Großkonzerne auf den Zug aufspringen beziehungsweise ihr Stück vom berühmten Kuchen abhaben wollen. Die Frage ist, muss oder sollte dieser Siegeszug überhaupt aufgehalten werden?
Wie ich jetzt schon öfter betont habe, bin ich grundsätzlich ein sehr aufgeschlossener Mensch gegenüber Neuerungen, Technik und auch speziell künstlicher Intelligenz. Bei ChatGPT bin ich jedoch selbst noch sehr gespalten, mit einer bisher eher negativen Tendenz. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich als gelernter Fachinformatiker besonders mit der Informatik- und Textbranche mitfühle, da diese Menschen oftmals nicht über mehrere berufliche Standbeine und Einkommensquellen verfügen.
Auch wenn ich derzeit immer noch ziemlich skeptisch gegenüber solchen Chatbots bin – auch was deren generellen Einfluss auf das Internet sowie Websitebetreiber im Allgemeinen betrifft, so sehe ich durchaus viele positive Ansätze, wie die KI uns auch bereichern kann. Allerdings bedarf es in einigen Bereichen eine gewisse (Nach-) Justierung.