Aktuell trudeln immer wieder Infos diverser Plattformen – wie etwa Digistore24 – ins E-Mail-Postfach, mit dem Hinweis auf das Werbeverbot mit Streichpreisen. Mich persönlich verwundert das sehr, weil dieses Thema für mich eigentlich abgehakt war. Dahinter steckt die sogenannte Omnibus-Richtlinie, die aber schon fast ein Jahr alt ist.
Wenn ich in den letzten Tagen in mein E-Mail-Postfach schaute, staunte ich nicht schlecht und dachte erst, mein Mailprogramm würde spinnen und mir alte Nachrichten von vor einem Jahr anzeigen. Bei genauerer Betrachtung stellte sich aber schnell heraus, dass die Mails ganz neu waren.
Diverse Plattformen, vor allem Zahlungsdienstleister wie zum Beispiel Digistore24, informieren ihre Kundschaft darüber, dass die Werbung mit durchgestrichenen Preisen (sogenannten Streichpreisen) ab sofort verboten sei. Wer aktuell noch mit solchen „arbeite“, solle seine Produktbeschreibungen aktualisieren und entsprechend rechtskonform anpassen. Dazu gehört unter anderem, darauf zu achten, dass Streichpreise nicht mehr in der Beschreibung zu sehen sind und so weiter.
Sind Streichpreise jetzt generell verboten?
Wer kennt sie nicht? Die Rabatte bei der Neueinführung eines Produktes oder eine kurze Aktion, während der das jeweilige Produkt für einen bestimmten Zeitraum vergünstigt zu kaufen ist. Durchgestrichene Preise sind grundsätzlich ein hervorragendes Mittel, um ordentlich die Conversion zu steigern. Dagegen ist ernst einmal nichts einzuwenden, doch die „neue“ Omnibus-Richtlinie zieht hier einige rote Linien, die nicht überschritten werden dürfen.
Doch warum kocht das jetzt erst wieder ein wenig hoch? Ein Grund könnte aus meiner Sicht sein, dass sich – selbst ein Jahr nach Inkrafttreten der Richtlinie – bis heute viele Unternehmen „schwer damit tun“, diese richtig umzusetzen. So kommt es vor allem in Supermärkten immer wieder zu falschen Preisangaben, fehlenden Informationen oder mangelhafter Transparenz in Sachen Preisgestaltung.
Für dich stellt sich jetzt vielleicht die Frage, ob Streichpreise nun generell verboten sind, doch da kann ich dich beruhigen: Nein, nicht grundsätzlich, aber du musst in Zukunft auf einige Dinge achten, wenn du mit durchgestrichenen Preisen werben möchtest.
Vorab möchte ich darauf hinweisen, dass ich natürlich KEIN Rechtsanwalt bin und daher selbstverständlich keine Rechtsberatung geben kann, will und werde. Gerade im Recht sind viele Aspekte immer auch ganz individuell zu betrachten und im Einzelfall häufig unterschiedlich. Betrachte die folgenden Ausführungen daher bitte als eine Art Leitfaden und hole im Zweifelsfall eine Rechtsberatung* ein.
Was ist die Omnibus-Richtlinie und was schreibt sie vor?
Die sogenannte Omnibus-Richtlinie der EU ist – wie bereits angedeutet – gar nicht mehr so neu und so ist diese eigentlich schon vor fast einem Jahr zum 28. Mai 2022 in Kraft getreten. Umso erstaunlicher, dass jetzt erst vermehrt darauf hingewiesen wird.
Im Kern geht es bei der Omnibus-Richtlinie um weit mehr als nur Streichpreise. Nämlich generell um die Modernisierung des Wettbewerbs- und Verbraucherrechts, welche im Wesentlichen mit Preisangaben, aber auch mit unlauteren Geschäftspraktiken und missbräuchlichen Vertragsklauseln einhergeht. Diese Richtlinien wurden letztlich (im Mai 2022) in nationalem Recht umgesetzt und traten somit in Kraft.
Während die meisten darin enthaltenen Vorschriften überwiegend allgemeiner Natur sind oder beispielsweise hauptsächlich große Marktplätze wie etwa Amazon betreffen, beziehen sich aber auch einige auf das gesamte Internetmarketing beziehungsweise den Online-Handel.
Für große Handelsplattformen wie Amazon spielt unter anderem die Neuregelungen bei Benutzerbewertungen sowie deren Echtheit und Überprüfung eine wesentliche Rolle. Die Vorschriften bezüglich Preisangaben beim Verkauf von Produkten betrifft hingegen nahezu alle, die im Internet (oder auch außerhalb) Produkte verkaufen.
Streichpreise sind schon ein jahrelanges Thema
Genau genommen ist das Thema „durchgestrichenen Preise“ und deren Rechtskonformität eines, das schon seit vielen Jahren mehr oder weniger heftig diskutiert wird. Spontan kam die Tage in mir hoch „Da war doch was!?“ und ich musste an einen Artikel von mir denken, den ich vor fast genau 12 Jahren veröffentlichte. Darin ging es damals schon darum, dass der Bundesgerichtshof urteilte, dass das Werben mit durchgestrichenen Preisen verboten sei.
Konkret ging es hierbei zwar um einen Teppichhändler und eine Einführungsaktion. Doch schon damals hatte es bereits Auswirkungen auf andere Branchen und zeigt mal wieder, wie langsam die Mühlen der Justiz oftmals mahlen beziehungsweise wie lange es dauern kann, bis ein Einzelfall zu allgemeinen Richtlinien führt.
Es zeigt aber auch, dass solche Einzelurteile aufhorchen lassen sollten, aber meistens schnell in Vergessenheit geraten. Auch, dass die Omnibus-Richtlinie offenbar vielen noch immer nicht wirklich bekannt ist, obwohl sie bereits vor fast einem Jahr in Kraft getreten ist, spricht für (oder eben gegen) sich.
Das musst du künftig bei Streichpreisen beachten
Vor allem das Werben mit durchgestrichenen Preisen betrifft auch nahezu alle, die im Internetmarketing tätig sind. Aus diesem Grund möchte ich mich im Folgenden darauf konzentrieren und dir zusammengefasst aufzeigen, was du künftig beachten musst, wenn du mit Streichpreisen arbeitest. Denn, wie bereits angedeutet, sind durchgestrichene Preise auch künftig nicht grundsätzlich verboten, unterliegen jedoch strengeren Vorgaben zur Umsetzung.
Im Kern müssen durchgestrichene Preise – beispielsweise in Rabattaktionen – realen Preisen entsprechen. Das bedeutet, dass die Normalpreise auch tatsächlich so in der Vergangenheit für das jeweilige Produkt erhoben worden sein müssen. Hierbei gilt konkret, dass der angegebene Ursprungspreis dem niedrigsten Preis der vergangenen 30 Tage vor der Ermäßigung entsprechen muss.
Laut einem Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom November 2022 muss diese Tatsache jedoch nicht explizit kommuniziert werden, solange die Preisgestaltung der gesetzlichen Richtlinie entspricht. Eine Erläuterung muss allerdings dann möglicherweise erfolgen, wenn zusätzlich zum Streichpreis noch mit Aussagen wie „Originalpreis“ oder ähnlichen geworben wird.
Hier gilt die 30-Tage-Vorschrift weiter nicht
Handelt es sich bei Ermäßigungen um ganz individuelle Preissenkungen, greift die Regelung des niedrigsten Preises innerhalb der letzten 30 Tage nicht. Wie eine „individuelle Preissenkung“ letztlich genau definiert wird, bleibt vermutlich wieder einmal eine Auslegungssache.
Des Weiteren zieht die 30-Tage-Regelung nicht bei Werbeaussagen, die sich nicht konkret auf einen vorherigen und somit teureren Preis beziehen. Oft liest man in diesem Zusammenhang Ausdrücke wie zum Beispiel „Dauerniedrigpreis“, „Knallerpreis“ oder ähnliche.
Zu guter Letzt greift die Regelung auch dann nicht, wenn einem Produkt bei gleichbleibendem Preis kostenlose Produkte in Form von Boni oder Zusatzinhalte beigelegt werden, wenn ein Vergleich zur unverbindlichen Preisempfehlung (UVP) gezogen wird oder es sich um ein Geschäft zwischen B2B-Kontakten (Business-to-Business) handelt.
Rabatte, Einführungspreise und Aktionen: Das darfst du tun
Angesichts dieser Vorschriften und Einschränkungen bezüglich der Preisgestaltung sowie Preisdeklarierung beim Verkauf, stellst du dir jetzt sicherlich die Frage, wie du künftig Rabattaktionen, Produkteinführungen und so weiter rechtssicher* gestalten kannst. Im Grunde genommen ändert sich überhaupt nicht so viel – auch wenn es auf den ersten Blick so aussieht.
Rabatte und Gutscheinaktionen
Wenn du künftig beispielsweise mit Rabatten wirbst, solltest du darauf achten, dass du bei der Angabe des bisherigen (teureren) Preises stets transparent arbeitest. Im Klartext bedeutet das, dass dieser Preis ein echter Preis sein muss, den du vor der Aktion real für dein Produkt verlangt hast. Darüber hinaus muss es sich hierbei um den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage handeln.
Handelt es sich bei der Rabattaktion tatsächlich um eine zeitlich begrenzte Promotion, solltest du dies deiner Kundschaft auch so deutlich kommunizieren. In diesem Fall allerdings wirst du das aufgrund der Verknappung natürlich sowieso tun, also sollte es diesbezüglich keine Probleme geben.
Dauerhafte Preisermäßigungen
Beabsichtigst du allerdings, diese Ermäßigung dauerhaft einzuführen, musst du in diesem Zusammenhang mehr beachten. Hier kann das Werben mit einem bisherigen Preis durchaus problematisch sein. Sprichst du hier beispielsweise von einem Originalpreis oder ähnlichem, musst du diese Aussage gegebenenfalls näher erläutern.
Zudem ist es in diesem Fall besser, wenn du im Warenkorb den tatsächlichen höheren Preis einstellst und im Zuge des Rabatts wirklich mit einem Gutscheincode arbeitest. Dadurch arbeitest du transparenter und deine Kundschaft erkennt sofort, auf welchen bisherigen Preis sich dein Rabatt bezieht.
Einführungspreise
Kniffliger kann das Ganze hinsichtlich Einführungspreisen sein. Einführungspreise, beziehungsweise die Werbung damit, sind logischerweise Preise, die sich nicht auf einen bisher erhobenen Preis beziehen, sondern viel mehr auf einen künftig zu erhebenden Preis. Hier kann also die oben erwähnte 30-Tage-Regelung kaum greifen.
In diesem Fall solltest du den künftig zu beabsichtigenden Preis im Zweifel einfach weglassen und „nur“ darauf hinweisen, dass es sich um einen Einführungspreis handelt, der nach der Einführungsphase steigen wird.
Sei grundsätzlich immer ehrlich und transparent
Grundsätzlich lässt sich sicherlich festhalten, dass du bei deiner Preisgestaltung immer ehrlich und transparent sein solltest – schon im eigenen Interesse um deine Reputation. Immer wieder muss man bei Rabattaktionen, die offenkundig zeitlich begrenzt sind, feststellen, dass die Preisermäßigungen nach Ablauf der Aktionsphase immer noch bestehen. Wer mich von Anfang an kennt und meine Artikel liest, der weiß, dass ich solche „Marketing-Gags“ schon immer sehr problematisch fand.
Mir war es immer schon wichtig, meine eigenen Limitierungen sowie zeitlichen Begrenzungen ehrlich einzuhalten und das rate ich auch dir. Wenn deine Kundschaft merkt, dass du es ernst damit meinst, dann weiß sie das auch in Zukunft. Natürlich kann eine Aktion sowie der damit verbundene limitierte Zeitraum unter bestimmten Umständen auch mal verlängert werden. Dies sollte aber nicht die Regel werden und stets ehrlich kommuniziert werden.