In den beiden ersten Teilen der Gastartikel-Serie von Norbert Treese über die Vermarktung eigener Produkte und Dienstleistungen ging er auf die „Ultimative Business-Regel“ und auf die Zielgruppen-Mathematik ein, um zu verdeutlichen, wobei es bereits im Vorfeld ankommt, um ein Produkt wirklich erfolgreich zu monetarisieren.

Im heutigen 3. Teil der Serie wird er auf eine Thematik eingehen, die auch mich ganz besonders fasziniert: Wie Sie sicherlich als Stammleser wissen, stehe ich dem Thema Nischen insofern etwas defensiv gegenüber, dass ich der Überzeugung bin, dass in diesem Bereich einfach zu viel „Wind gemacht“ wird.

Soll heißen: Wer im Internet wirklich erfolgreich Geld verdienen möchte, der muss dabei nicht zwangsläufig eine Nische besetzen. Denn wer es schafft, seine Produkte oder seine Dienstleistung von denen der Mitbewerber abzusetzen und sich ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber der Konkurrenz zu schaffen, der kann auch außerhalb einer Nische sehr erfolgreich sein!

Und genau diese Ansicht wurde mir durch diesen heutigen Artikel-Teil nochmals bestätigt! Das Besondere hierbei ist jedoch der komplett andere Ansatz dabei:

Denn anstatt die Nische* gänzlich zu meiden und sich möglicherweise in einem Massenmarkt durchzukämpfen; wieso nicht einfach aus dem Massenprodukt ein Nischenprodukt machen? Genau darauf geht Norbert Treese heute ein und erläutert das Ganze anhand eines realen eigenen Beispiels – und das in der wohl konkurrenzstärksten Branche der Welt: Der Pharmaindustrie!

Teil 3: Ein Massenprodukt wird zum Nischenprodukt

Norbert TreeseEiner meiner Tätigkeitsschwerpunkte liegt im Gesundheitswesen. Bereits in 2006 hatten mein Partner und ich in den USA die Idee, eine Cloud-basierte Datenbank zur Auswertung von medizinischen Daten von chronisch kranken Menschen (Diabetiker, Bluthochdruck), durch ein 24-Stunden-Monitoring-System inkl. kompletter Kommunikation mit Ärzten, Eltern oder Betreuern zu entwickeln. Dazu benötigten wir die Datenbank und die mit ihr kommunizierenden Geräte. Beides gab es nicht am Markt.

Kurze Info zum Markt:

Weltweit gibt es mehr als 240 Mio. Diabetiker. Die Zahl soll in Kürze über 300 Mio. steigen und nimmt rasant zu. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die großen Pharmafirmen den Markt seit Jahren dominieren. Dazu zählen Roche (ca. 30% MA), Bayer (ca. 18% MA) etc. nur um zwei bekannte Namen zu nennen. Dass es sich um einen Milliarden-Markt handelt, muss kaum angemerkt werden. Wir standen damals wieder vor unseren zwei wichtigsten Fragen:

  1. Braucht jemand unser Produkt?
  2. Bezahlt jemand dafür?

Die erste Frage war ja noch einfach zu beantworten. Die zweite Frage war schon etwas heikler. Dazu ist es hilfreich, das Business im Diabetes-Markt zu verstehen. Verdient wird mit dem Verkauf der Teststreifen. Und: für jedes Blutzucker-Messgerät gibt es eigene Teststreifen, die in keinem anderen Gerät verwendbar sind.

So stellte sich für uns die Frage, ob eine Zusammenarbeit mit einem der großen Anbieter am Markt sinnvoll sein könnte, oder ob es eine andere Lösung gibt. Nachdem wir ein nicht akzeptables Angebot eines anderen Herstellers in den Müll geworfen hatten, begannen wir, über ein eigenes Produkt nachzudenken.

Wir wussten:

  • Die Entwicklung kostet viel Geld
  • Die Entwicklung dauert
  • Die Zulassung FDA und CE ist schwierig
  • Die Konkurrenz ist übermächtig

Damit war die Ausgangssituation klar.

Was war unser Vorteil?:

  • Wir waren schnell
  • Wir waren flexibel
  • Wir orientierten uns an den Nutzern (der elementarste Unterschied!)
  • Wir waren Technik-affin und keine Pharmazeuten

Der nächste Schritt war, die bestehenden Geräte der Konkurrenz genauer anzusehen und zu begreifen, was wir tun mussten, um uns von diesen zu unterscheiden. Das Messverfahren war bei allen gleich. Die Features der Geräte unterschieden sich geringfügig. Niemand hatte den Anschluss an eine Online-Datenbank zur Auswertung der Daten.

Damit standen unser USP und gleichzeitig der technische Unterschied bei den Messgeräten fest. Wir entwickelten das erste Bluetooth-fähige Blutzuckermessgerät mit FDA und CE-Zulassung weltweit. Plötzlich hatten wir ein neues Produkt, basierend auf den technischen Standards der vorhandenen Geräte am Markt, erweitert und modifiziert mit neuer Technologie und weiteren Features. Wir besetzten eine konkurrenzlose Nische. Heute bieten wir eine Vielzahl von Geräten und anderen Hilfsmitteln an.

Fazit

Bei der Umsetzung von Ideen kann es sehr hilfreich sein, den Markt und die Produkte genauer anzuschauen und zu sehen, ob vorhandene Produkte modifizierbar und erweiterbar sind. Das spart enorm viel Zeit und Geld.

Über den Autor

Norbert Treese ist Coach, Medien-Profi sowie Experte für Marketing-Strategien und Business-Development. Business-Erfahrung konnte er seit über 20 Jahren in den USA sowie in Asien, Australien und Europa sammeln, während seine Tätigkeitsfelder die Produktentwicklung und -einführung in verschiedenen Ländern mit der entsprechenden Strategie sind.

Ursprünglich zum Bankkaufmann ausgebildet, arbeitete er lange Zeit als Fernsehproduzent beim ZDF sowie später als Produzent u.a. für Gottschalk, Moor, von Sinnens etc. und wurde zudem als Produzent von Werbespots ausgezeichnet.

Norbert Treese verfügt vor allem über sehr gute Kenntnisse im Marken- und Patentrecht, der Rahmenbedingungen für Firmen in den USA, UK und Deutschland und vermarktet heute Produkte und IT-basierte Lösungen für den Healthcare-Bereich, speziell als Management- und Monitoring-Systeme sowie eHealth-Records…

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