Es scheint Texterinnen und Texter zu geben, die werden nicht müde, nach außen zu propagieren, dass sie die Wahren sind, die KI verstehen und wissen, wie sie auch beim Texten eingesetzt werden „muss“. Dabei stellt sich die Frage: Wenn sich sogar Textende eines Text-Bots bedienen… wer braucht dann künftig überhaupt noch die Textenden?

Nicht nur Plattformen wie Textbroker oder Unternehmen wie Chegg tun sich sehr schwer damit, mit offenen Karten zu spielen. Auch einzelne Texterinnen oder Texter argumentieren gerne mit den immer wieder gleichen Aspekten, warum KI auch in der Textbranche die absolute Innovation sei und weshalb jetzt alle Texterinnen oder Texter nur glücklich darüber sein müssten.

Die gängigsten Argumente für die KI-Nutzung bei Textenden

Im Prinzip sind es dieselben Gründe, wie sie mittlerweile in den Regelwerken diverser Plattformen für Textaufträge formuliert werden, nur dass manche Textende das Ganze so zu verkaufen versuchen, als läge die alleinige KI-Expertise in ihren Händen. Getreu dem Motto: „Ich bin der einzige Schlaue und weiß ganz genau, wie KI genutzt wird. Alle, die sie nicht nutzen (wollen), sind einfach nur zu blöd dafür.“

Aus solchen Aussagen könnte man aber auch eine gewisse Unsicherheit herauslesen sowie der Versuch, nach außen suggerieren zu wollen, man selbst sei überhaupt nicht betroffen. Im Gegenteil: Auf eine Text-KI habe man bisher nur gewartet. Dann allerdings darf man sicherlich die Frage stellen, was die Expertise von Textenden dann in der Vergangenheit gewesen sein soll.

Wenn KI-Text-Bots wie ChatGPT, Bard und Co auch für die Textbranche angeblich das langersehnte Mittel sind – wie es einige Textende selbst zuweilen behaupten – dann ist es durchaus einmal interessant, zu hinterfragen, wie stichhaltig die gängigsten Argumente tatsächlich sind. Ergibt es wirklich Sinn, wenn Texterinnen und Texter selbst zu Text-Bots greifen, wenn sie für Dritte durch Schreiben Geld verdienen möchten?

Argument: KI hilft beim Erstellen von Textstrukturen

Im Ernst? Damit hatten Profis beim Texten bisher Probleme? Das konnten Autorinnen und Autoren bisher nicht und sahen es somit als eine der größten Hürden an? Wenn diese Fähigkeit bisher unter anderem den Unterschied zwischen guten und weniger guten Textenden ausmachte, dann würde das viel über einige aussagen. Auch wenn es provokant klingt: Wer als professioneller Textender bisher daran „verzweifelte“, eine vernünftige Textstruktur hinzubekommen und sich daher eine KI herbeisehnte, hatte aus meiner Sicht Probleme mit einem ganz grundlegenden Handwerk des Textens.

Argument: KI hilft bei der Stiloptimierung

Ist der Stil – neben der fachlichen Gestaltung von Texten – nicht der Nummer-Eins-Grund überhaupt, warum Auftraggebende eine bestimmte Autorin oder einen bestimmten Autor beauftragen? Alle haben ihren eigenen Stil und ein individueller Schreibstil macht doch vor allem das Menschliche dabei aus. Auch haben alle einen individuellen Geschmack, welcher Schreibstil gefällt und welcher eben nicht.

Welchen Sinn soll es also ergeben, wenn selbst Textende den Stil einer KI übernehmen oder ihren eigenen davon beeinflussen lassen? Mal ganz davon abgesehen, dass vermutlich jeder Laie mithilfe entsprechender Prompts einem Text-Bot „befehlen“ kann, wie dieser grundsätzlich formulieren soll, um eine bestimmte Stilrichtung zu „nachzuahmen“.

Argument: KI hilft bei der Grundlagenrecherche

Zugegeben, das ist ein grundsätzlich guter Punkt. In diesem Bereich könnte KI auch Textenden sehr viel Zeit ersparen, wenn es darum geht, Brainstorming zu betreiben und eine gewisse Grundlagenrecherche vorzunehmen. Aber auch hier gibt es neben Licht auch wider einiges an Schatten.

Ganz entscheidende Probleme hierbei sind sowohl das Alter der vorhandenen Daten, auf die beispielsweise ChatGPT derzeit noch zugreift (mindestens zwei Jahre) als auch die Tatsache, dass die ausgespuckten Informationen noch immer extrem fragwürdig sind. Viele Expertinnen und Experten werden nicht müde, immer wieder zu betonen, dass gerade ChatGPT mit einer unglaublichen Selbstsicherheit Blödsinn von sich gibt und so tut, als würde alles dennoch genau so stimmen.

Wer als Texterin oder Texter also sicher sein möchte, dass die genutzten Inhalte korrekt sind, muss sie zunächst selbst auf Korrektheit recherchieren. Der Zeitgewinn ist also – wenn alles sauber sein soll – nicht wirklich gegeben. Oder sollen Auftraggebende künftig für genau diesen Blödsinn, den sie auch selbst „anzapfen“ könnten, tatsächlich gutes Geld bezahlen?

Argument: KI hilft bei der Ideenfindung

Ein Argument, das ähnlich klingt wie etwa die Grundlagenrecherche, finde ich persönlich ebenfalls grenzwertig. Wird eine Texterin oder ein Texter ohne ein näheres Briefing damit beauftragt, einen guten Text über das Thema XY zu schreiben und hat keine eigene inhaltliche Expertise darin, kann genau hier eine KI extrem hilfreich sein. In der Regel jedoch sollten Textende zum einen vom zu beschreibenden Thema grundsätzlich selbst eine gewisse Ahnung haben und zum anderen stellt sich die Frage, wozu eine Ideenfindung stattfinden soll, wenn das Briefing im Normalfall die Idee (Thematik) grundsätzlich vorgibt!?

Anders ausgedrückt: Ist das nicht ein ganz entscheidender Aspekt, sich für professionelle Textende zu entscheiden? Sie oder er hat Ahnung vom Thema und kann mir sofort einen guten Text dazu schreiben… Ansonsten – und da wären wir wieder beim Thema – kann ich auch selbst die KI bemühen.

Argument: KI hilft bei SEO und Keywordrecherche

Ein weiteres gängiges Argument dafür, warum auch Textende KI-Bots nutzen sollten, ist das Thema SEO und die damit einhergehende Keywordrecherche. Die meisten Expertinnen und Experten erteilen diesem Punkt eigentlich eine klare Absage, mit der Begründung, dass KI dies aktuell noch nicht könne. Fakt ist, dass ChatGPT beispielsweise in der Tat (noch) nicht ans Internet „angeschlossen“ ist, um dieses praktisch live durchsuchen zu können. Das wiederum wäre jedoch zumindest die Voraussetzung dafür, dass eine ernsthafte Keywordrecherche zu aktuellen Themen möglich wäre.

Was KI allerdings bereits sehr zuverlässig und überzeugend kann, ist das Optimieren bereits vorhandener Texte, hinsichtlich relevanter Keywords sowie deren sinnvoller Nutzung. Wer bereits vorhandene Texte mithilfe von KI für Suchmaschinen optimieren möchte, ist mit KI aktuell durchaus sehr gut bedient.

Zwei Fragen, die sich hier allerdings spontan wieder stellen: Warum sollte jemand hierfür eine Texterin oder einen Texter engagieren (und bezahlen), anstatt selbst kostenlos die KI zu nutzen? Und warum sollte man seine Texte künftig überhaupt noch nach klassischen SEO-Maßstäben optimieren, wenn die immer mehr auch in Suchmaschinen verankerten KI-Bots, die durch jene Websites angefütterten Daten ohnehin selbst direkt ausspucken? Wenn es so weiter geht, wird es die SEO-Branche sowieso nicht mehr lange geben – zumindest in ihrer aktuellen Form.

Fazit: Warum jemanden bezahlen, den Knopf zu drücken

Unterm Strich könnte man gehässig die Frage stellen: Wenn manche professionelle Texterinnen und Texter ohne KI bisher so große Schwierigkeiten damit hatten, eine vernünftige Struktur oder Gliederung hinzubekommen, was war dann der Grund, sie zu buchen? Rechtschreibkorrekturprogramme gab es fast schon immer, dafür brauchte man für normale Texte noch nie Profis.

Für umfangreichere Schriftstücke, bei denen es sehr auf eine hundertprozentige Korrektheit ankam, engagierte man hierfür spezialisierte Lektorinnen und Lektoren, die dann die vorhandenen Texte korrigierten. Selbst das beherrschen KI-Bots mittlerweile grundsätzlich.

Wenn menschliche Einflüsse, deren Stile und individuelle Sprachmuster weiterhin eine so große Rolle spielen würden, wie es immer wieder suggeriert wird, dann würden die Aufträge auf Plattformen wie Textbroker, Content.de und Co nur so sprudeln – tun sie aber nicht. Stattdessen empfehlen diese Plattformen den Textenden KI-Tools genau für die Dinge zu nutzen, derentwegen Textende jetzt schon keiner mehr zu brauchen scheint. Gleichzeitig wird mit Accountsperren gedroht, sollte man die so produzierten Inhalte tatsächlich übernehmen.

Auch wenn es sehr hart klingt: Warum sollte künftig jemand einen Textenden dafür engagieren, ein KI-Tool zu nutzen? Wer bezahlt heute jemanden dafür, den Knopf an der Kaffeemaschine zu drücken?

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