Schon wieder befinden wir uns am Anfang eines neuen Jahres, auch wenn ich weiß, dass das nach fast 2 Monaten etwas seltsam klingt. Dennoch gelten in vielen (beruflichen) Bereichen gerade die ersten 3 Monate eher noch als Jahresanfang. Und obwohl vor allem der Silvester- und Neujahrstag grundsätzlich identische Tage sind, so bedeutet es zumindest in unserer Kultur immer auch ein gewisser Schnitt sowie „Neubeginn“.
Ein neues Jahr bedeutet besonders im Beruflichen für viele Menschen neue Ziele, neue Pläne, neue Vorhaben usw. – und genau das macht den wahren Erfolg aus: Sich stets neue, aber realistische und erreichbare Ziele zu stecken, die dann beim Erreichen auch neue Motivation bringen, die dann zum Weitermachen und Wachsen anspornen.
Und neue Pläne, Ziele, Vorhaben und Ideen haben auch immer etwas mit Visionen zu tun und wie man diese zu echten Ideen sowie letztlich zu handfesten Lösungen ausarbeitet, die einen selbst aber auch andere vorantreiben. Und genau aus diesem Grund passt der heutige Artikel sehr gut in dieses Bild.
Genau genommen darf ich Ihnen im Rahmen meiner Ende letzten Jahres durchgeführten „Gastartikel-Aktion“ nun weitere Gastartikel präsentieren und starte heute mit einer kleinen Gastartikel-Serie über Visioning und wie Sie Ihre Ideen kreativ in die Praxis umsetzen.
Ich übergebe das Wort in schriftlicher Form nun an Dieter H. Wirlitsch, der in seiner insgesamt 3-teiligen Serie hier auf das Visioning eingehen und im Zuge dessen auf die kreative Umsetzung von Ideen sowie Themen wie Problemlösungen, schriftliches Denken und Mind-Mapping eingehen wird.
Vision und Kreativität
Von „Zukunftsvisionen“ und „kreativer Zukunft“ wird viel geredet, denn wir brauchen ja, um bestehen zu können, „Innovationen“ für die Zukunft unserer Wirtschaft. Auch wenn viel geredet wird, so wird oft wenig praktisch brauchbares geliefert. Wie können wir nun Vision und Kreativität erzeugen, damit Innovationen überhaupt entwickelt und realisiert werden kann?
Marketingfachleute und die sogenannten „Kreativen“ der Werbebranche gehen davon aus, dass Kreativität stets vorhanden ist und als Eingebung „einfach so“ kommt. In den von uns veranstalteten Seminaren und Workshops zeigt es sich immer wieder: die Eingebungen kommen aber nicht immer einfach so! Für das kreative Arbeiten und das Entwickeln visionärer Ansätze werden bestimmte Bedingungen benötigt. Es muss darüber hinaus ein bestimmtes geistiges Handwerkzeug benutzt werden. Dies scheint sich vor allem in vielen Firmen aber noch nicht überall herumgesprochen zu haben.
Schlüsselimpulse erzeugen
Um Visionen zu entwickeln und um kreativ sein zu können, sind Schlüsselimpulse notwendig, welche die visionären und kreativen Prozesse in Gang setzen können. Solche Schlüsselimpulse kann eine Ideendatei liefern. Bilder, Gefühle und die Vorstellung von Raum und Zeit werden nach verschiedenen wissenschaftlichen Erklärungsmodellen der rechten Gehirnhälfte zugeordnet. Der linken Gehirnhälfte werden mehr die logisch-mathematischen Funktionen zugeschrieben. Das harmonische Zusammenspiel und die Nutzung beider Hirnhälften schaffen die Voraussetzung für die Umsetzung einer Vision in kreative Handlungsabläufe.
Um die notwendigen Schlüsselimpulse zu erzeugen und um diese dann weiter be- und verarbeiten zu können, ist es notwendig, für den Menschen und seine Umgebung ein stressfreies Umfeld zu schaffen.
Damit aus visionären Ansätzen Intuition entstehen kann, ist es nötig, Achtsamkeit zu entwickeln – sowohl im Umgang mit sich selbst, als auch im Zusammenhang auf die in der Umgebung stattfindenden Vorgänge. Aufmerksamkeit ist der Grad der Zuwendung aller Sinnesorgane auf die sogenannte „innere“ Welt des Menschen, aber auch auf die „äußere“ Welt der eigenen Umgebung. Durch dieses Achtgeben werden Informationen der verschiedensten Art erfahrbar gemacht, die Entscheidungen und Handlungen direkt beeinflussen.
Vielfach gehen heute Ereignisse und Eindrücke am Empfinden der Menschen vorbei, werden nicht wahrgenommen. Dadurch findet eine Selektion von innerer und äußerer Information statt, die wiederum aber beide gleichermaßen für das Entwickeln der Aufnahmekapazität wichtig ist. Hier greift normalerweise das Unterbewusstsein ein und selektiert die Informationsmenge in wichtige und unwichtige Bestandteile.
Entstehen von Intuition
Sollen aber für intuitive Ansätze auch solche Informationen genutzt werden, die der Aufmerksamkeit bisher entgangen sind, werden in Form von im Inneren aufsteigende Bildern und Erinnerungen Assoziationsketten erzeugt, die helfen, entsprechende Prozesse einzuleiten. Ist die Achtsamkeit durch entsprechende Bedingungen und durch Üben geschult, kann das Unterbewusstsein erheblich mehr Informationen entblocken und für kreative Prozesse zur Verfügung stellen.
Innere Achtsamkeit und die Aufmerksamkeit auf körperliche direkte und unmittelbare Reaktionen sollten einen großen Stellenwert erhalten, damit „das Ganze“ erfahren werden kann. Im ganzheitlichen Sinne heißt achtsam sein innere und äußere Vorgänge gleichermaßen aufmerksam wahrzunehmen. Achtsamkeit schließt nichts aus dem Bewusstsein aus, sondern beinhaltet das Wahrnehmen eines anderen Menschen, das Wahrnehmen seiner Gefühle, Empfindungen, seiner Schwierigkeiten und seiner Bedürfnisse. Achtsamkeit bedeutet aber auch das Wahrnehmen natürlicher Vorgänge und der natürlicher Rhythmen der Welt.
Der kreative Prozess
Leider brachte es die technisch orientierte Vergangenheit unserer modernen Welt mit sich, dass das Gespür der Menschen für natürliche Rhythmen, Empfindungen und Gefühle ge- und zerstört wurde. Künstliche funktionale Lebensabläufe bekamen bestimmende Funktion für Mensch und Unternehmen und verschütteten dadurch den natürlichen Zugang zur eigenen Empfindsamkeit. Schauen, sehen und verstehen sind der Weg zu Achtsamkeit und damit zu Kreativität und Innovation.
Schlüssel für die Entwicklung einer Vision
Für Unternehmer-Innen der Zukunft (ExistenzgründerInnen) gilt es, charismatisch und visionär zu sein. Anders lassen sich Menschen nicht motivieren. Wird eine unternehmerische Vision entwickelt, sollte die Vorstellung davon sein, etwas Größeres in die Tat umzusetzen als das, was ein Einzelner erreichen kann. Unternehmerische Visionen sollen zukunftsweisend sein! Dies ist wichtig für die Entwicklung für das Unternehmen selbst, für seine Mitarbeiter-Innen, seine Kunden und Lieferanten. Zukunftweisende Visionen ergeben eine gewisse Leitlinie zur Orientierung ab. Der Politik würde dies ganz bestimmt auch nicht schaden!
Was ist eine Vision?
Eine Vision hat herausfordernden Charakter:
- sie muss auffordern, sich Wissen und Können anzueignen, um neue Fähigkeiten
- entstehen zu lassen
- sie muss inspirieren
- sie muss positive Zielsetzung haben
- Eine Vision muss von allen Menschen, an die sie sich richtet, verstanden werden
- sie muss daher mitgeteilt und ausgesprochen werden
- sie muss Begeisterung auslösen und Wege in die Zukunft eröffnen
Zur Realisierung braucht es:
- Detailarbeit und Spezifikation
- eine Vorgehensstrategie zur Umsetzung
- planbare Details
- konkrete Aufgabenstellung für Mitarbeiter und andere Partner
- eine zeitliche Planung
- finanzielle Mittel
- Controlling
Je konkreter eine Vision formuliert, erfasst und dargestellt wird, desto besser gelingt es, mehr Ordnung und Selbstorganisation zu schaffen. Dies bringt bessere Identifikationsmöglichkeiten für alle Beteiligten und erzeugt darüber hinaus eine Einigung unter den Beteiligten.
Es ist die Aufgabe des Unternehmers der Zukunft, zum Visionär zu werden und nicht in die Verdrängung zu gehen. Unternehmer sollten eine Orientierung geben können, denn die Lösung gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Problemstellungen dürfen nicht nur der Politik und den Parteien oder den Kirchen und Gewerkschaften überlassen werden. Will ein Unternehmer in diesem Sinne Visionen, Intuition und Kreativität einsetzen, ist eine sozial sichtbare Führungsarbeit notwendig, damit Glaubwürdigkeit erlangt wird.
Zunächst sind drei Fragen zu stellen:
- was ist genau der „Traum“, die zentrale Idee der Vision?
- was wollen wir mit diesem “Traum“ konkret erreichen?
- worin liegt der Nutzen im sozialen und gesellschaftlichen Sinne?
Weiter stellt sich noch die Frage nach dem Anspruch, den vor allem Existenzgründer-Innen in diese Vision hineinlegen:
- wie sieht unser Selbstbild aus, was ist unser Selbstverständnis?
- wie sieht die Corporate Identity unseres Unternehmens aus?
- mit welchem Selbstverständnis soll die Vision weitergetragen werden?
- wie wollen wir von außen gesehen werden?
- welche ethisch-moralischen Werte sollen durch die Vision realisiert werden?
- Wo sind oder werden Grenzen unseres Handelns sichtbar und in welcher Form sollen diese Grenzen respektiert werden?
Die Vision sollte unter Beteiligung möglichst vieler Menschen so weit konkretisiert werden, dass reale Handlungskonzepte entstehen. Hier machen sich Ordnungsmodelle nützlich, die in Arbeitsgruppen konkret angewendet werden können.
Von der Vision zur Gedankenordnung
In einem Gedankenordnungsmodell werden die verschiedenen Teile der Vision zunächst einfach ungeordnet aufgelistet und zusammengestellt. Wenn möglich, werden Gruppen von zusammengehörenden inhaltlichen Komplexen gebildet und geordnet.
Die verschiedenen Gedanken-Gruppen der Vision werden nach gemeinsamen oder ähnlichen Inhalten und Details durchsucht und zusammen angeordnet. Das Herausarbeiten bildhafter Vorstellungen jedes einzelnen Teils ist dabei besonders wichtig. Daher sollte diese Konkretisierungsarbeit unbedingt mit Hilfe einer Moderationstechnik oder mit einem Flip-Chart, bzw. mit Hilfe eines Mindmappings angegangen werden.
Die Denkweise sollte möglichst präzise und differenziert sein, damit die Un-Ordnung der visionären Vorstellungen und Gedanken so strukturiert werden kann, dass eine eigene Ordnung entsteht.
Gedanken strukturieren
Der zweite Schritt, die gedanklichen Vorstellungen zu strukturieren und zu ordnen wird über die bereits gebildeten Detail-Gruppen vollzogen indem diese Gruppen wiederum einzeln geordnet und strukturiert werden.
Ideenteile in Zusammenhänge ordnen
Jede einzelne entstehende Gedankengruppe der Vision sollte unbedingt genau nach den weiter oben aufgeführten grundsätzlichen Fragen und Überlegungen ausformuliert werden. Hier entsteht bereits eine erste grobe (schriftliche) Fassung der visionären Vorstellung mit Hilfe einer Mindmap.
Die entstandenen Einzelteile werden dann im dritten Schritt weiter gezielt geordnet. Es werden Prioritäten gebildet und alle gleichartigen und zusammengehörenden Teile zu Vorstellungskomplexen zusammengefasst.
Die visualisierte (Gedanken-)Form kann innerhalb eines Unternehmens sehr hilfreich sein, die Inhalte der Vision Mitarbeitern, Beratern oder auch Kunden verständlich zu machen. Hierbei sollte die bildhafte Vorstellung genutzt werden. Bewährt hat sich, das Modell einer Weintraube, um die visionäre Vorstellung zu beschreiben, dass ein Gesamtbild mit allen seinen einzelnen Facetten entsteht. Das Bild der Traube hat eine hohe psycho-energetische Potenz und wird von praktisch allen Menschen verstanden. Die so entstandene „Gedankentraube“ als Gesamtkomplex der Vision kann ganz leicht konkret beschrieben werden.
Die Darstellung einer solchen visionären Gedankentraube lässt sich hervorragend weitertragen und kommunizieren und lässt sich erweitern, verändern und anpassen. Es entsteht ein ganzheitliches Modell der eigenen Idee, das auf Anhieb verstanden wird.
Über den Autor
Dieter H. Wirlitsch ist freier Dozent und Journalist sowie Unternehmensberater und beschäftigt sich u.a. mit alternativen und visionären Methoden in der Wirtschaft. Durch seine Veröffentlichungen, Seminare, Workshops und Einzelberatungen gibt er seine Erfahrungen und sein Wissen weiter.